Das Lehrgespräch in der spirituellen Lehrer-/Schülerbeziehung

Vielleicht hast Du es schon selbst erlebt oder davon gehört – Spirituelle Lehrer treffen sich mit ihren Schülern, beantworten und stellen Fragen, diskutieren Ansichten, Meinungen, Sichtweisen, stellen Auffassungen Glaubenssätze, manchmal recht direkt und grob, in Frage, vermitteln für bestimmte aktuelle Themen wichtige Inhalte.
Die spirituellen Meister gehen dabei auch mal direkt längere Zeit auf einzelne Schüler und deren Lebenssituation, Gewohnheiten, Lernprozesse ein. Was diesen nicht unbedingt immer angenehm ist. Und sogar Lichtarbeit, Spirituelles Heilen, werden in diese Veranstaltungen integriert, um es einfacher zu machen, mentale, emotionale, karmische und energetische Blockaden und Verwirrungen zu harmonisieren und in Klarheit zu wandeln.

Warum genau braucht es das Lehrgespräch zwischen Lehrer und Schüler als Ergänzung zu Meditation und Praxis der persönlichen Energiearbeit, der individuellen Meditation und des Nachdenkens, Neubewertens „auf eigene Faust“??

Im Grunde ist es ganz einfach: Die Augen können sich selbst nicht sehen – ohne einen Spiegel!
Der geeignete Spiegel für das Seelenleben des Schülers ist der spirituelle Lehrer, der sich bemüht, das Bewusstsein des Schülers in Bereiche auszudehnen, die dieser nicht kennt, übersieht oder sogar aus Furcht nicht wahrnehmen und erkunden möchte..
Der spirituelle Lehrer, der Guru (Sanskrit: Vertreiber des spirituellen Nicht-Wissens, der geistigen Dunkelheit. Wörtlich: schwer, gewichtig, bedeutend), macht den Schüler auf Widersprüche und Irrtümer, Blockaden und „weiße Flecke“ in Denken und Handeln, Reden und Entscheiden aufmerksam.
Er gibt Anregungen zum Nachdenken, Einspüren und diskutiert Ansichten und Handhabung von Methoden mit dem Schüler.

Ist der Lehrer deswegen „immer im Recht“, weiß ganz viel – oder vielleicht sogar „alles“?

Nein, darum geht es überhaupt nicht. 
Es ist in der spirituellen Lehrer-Schüler-Beziehung nicht wichtig wer „Recht hat“, wer wie viel weiß! 
Der unermesslich grosse Schatz der Lehrer-Schüler-Beziehung ist die Anregung zum ernsthaften Nachdenken, zum Infrage stellen lieb gewordener „selbstverständlicher“ Ansichten, Werte, Ängste und Vorurteile. Diese Denk- und Fühlblockaden nenne ich auch „heilige Kühe“. Sie trennen den Schüler von dem Hier und Jetzt, der Realität.
Mit dem Spirituellen Lehrer kann der Schüler in vieler Hinsicht seine Pubertät nachholen und ein wirklich unabhängiges, auf sich selbst und seine Seele abgestimmtes Geistesleben entfalten, ohne sich in Rebellion oder Unterwerfung zu verlieren. Im Lehrer-Schüler-Gespräch ent-wickelt sich der Schüler. Lernt mehr über sich, als er es alleine kann – lernt, sich mehr von Herzen anzunehmen, als er es nur auf sich gestellt vermag.
Indem der Spirituelle Lehrer den Schüler mehr liebt, als der Schüler sich selbst, kann der Schüler sich immer mehr selbst wahrnehmen und lieben lernen. Und damit in seiner Göttlichkeit erwachen.

Für den Spirituellen Lehrer gibt es dabei im Grunde einfache Regeln:

Fordere Deine Schüler zum gründlichen Nachdenken über sich selbst und die Welt, zum konkreten Ausprobieren der eigenen Potentiale auf und hilf ihnen damit, die Welt aus spiritueller Sicht zu verstehen, anstatt den Vorurteilen des Egos zu folgen. Lehre sie, zu lieben, was ist. 
Fordere sie zu Offenheit auf – denn was verschwiegen wird kann nicht betrachtet, erfasst, entwickelt, geklärt, geliebt und damit geheilt werden.
 Schweige nicht aus Höflichkeit oder „rede etwas schön“, um angenehm zu sein. Denn dann werden wichtige Wunden nicht angeschaut, verstanden und mit Herzenskraft geheilt.
Eine spirituelle Reise ohne ernsthafte Lehrer-Schüler-Beziehung gibt es nicht – denn wie soll sich „das Auge ohne Spiegel sehen“?
 Zu dieser Beziehung gehören gegenseitiger Respekt und Offenheit und die Bereitschaft des Schülers, lieb gewordene, mit Angst und Wut abgesicherte Ansichten auf den Prüfstand zu stellen. 
Und damit zu lernen, viel mehr zu SEIN, als ursprünglich gedacht.
 Und damit selbst zum spirituellen Lehrer zu werden…

Herzensgrüsse, Walter